Engel, Elfen und andere Lichtgestalten

12. Februar 2011
Mit Hilfe des „Channeling“ werden nicht nur, wie manche „Medien“ angeben, Geister
und Tote angerufen, sondern auch Engel, Feen, Elfen, Trolle und andere Gestalten
der Märchenwelt. Der Glaube an Wesen, die wie die Menschen eine Seele, aber
übermenschliche Fähigkeiten haben und doch keine Götter sind, sondern eine Art
Zwischenwesen zwischen Menschen und Göttern darstellen, ist uralt. Ihnen wurde
z.B. ein Bereich der Natur, eine Quelle, ein Fluß, ein Baum oder der Schutz eines
Menschen zugeschrieben. Im monotheistischen Judentum und Christentum wurde
der Glaube an diese Zwischenwesen entweder beseitigt oder sie wurden zu Boten
Gottes (Engel von griechisch angellos Bote) umgebildet. In manchen Märchengestalten
wie bei Feen, Trollen, Zwergen, Gnomen, Riesen und Dämonen werden
auch Reste vorchristlicher Götter und Helden gesehen, die nach der Christianisierung
später zu Märchengestalten wurden und im Volksglauben weiterlebten.9
Einige dieser Gestalten sind freilich literarische Neuschöpfungen wie z.B. die Lorelei
von C. v. Brentano und H. Heine.
In der Esoterik werden Engel weniger als „Briefträger des fernen Gottes“, sondern
eher als eigenständige geistige Wesen angesehen, die als unsichtbare Hilfskräfte und
Naturgeister eine Schutzfunktion übernehmen. Wenn man freilich deren Forderungen,
z.B. einen bestimmten Berg an gewissen Stellen nicht zu betreten, nicht
beachtet, können diese Gestalten bisweilen auch zu bedrohlichen Figuren werden.
Engel seien, so lautet es in der Ankündigung eines esoterischen Kurses, „keine
schwachen und putzigen Wesen, sondern in Einheit mit Gott stehende, äußerst kraftvolle
Lebewesen, die in vollkommener Liebe handeln. Ihr Reich ist groß und
erstreckt sich von der Lenkung der Natur über Schutzfunktionen bis hin zur geistigen
Aufrechterhaltung positiver Eigenschaften“ (Simone Sommer, Seminar Engel,
die Boten Gottes, 4.12.93). In Veranstaltungen und Seminaren (für ca. DM 150,-) wird
versprochen, „neben theoretischem Wissen praktische Erfahrungen in der
Zusammenarbeit mit den Engeln“ zu vermitteln. Während die ersten solcher Angebote
direkt die „Kinderphantasien, genährt durch Märchen und Träume“ ansprachen,
werden diese Märchengestalten in den letzten Jahren mit (angeblich) indianischen
Überlieferungen verbunden und den Kunden wird versprochen, in Meditationsabenden
oder Seminaren durch „angeleitete visuelle Reisen“ einen Kontakt mit
diesen Wesen herzustellen und ihren als verloren angesehenen „Schutzengel“
wiederzufinden (Seraphim, Jul.-Okt. 2001). Die verbreitete Vorstellung eines Schutzengels
wird in Verbindung zu esoterischen Gestalten der „aufgestiegenen Meister“,
„Naturgeister“ und „Kraftplätze in der Natur“ etc. gebracht. Damit wird die Welt
der Märchen in die Esoterik einbezogen. Allerdings kann man dies auch umgekehrt
für ein Verständnis der Beteiligung und Faszination an der Esoterik heranziehen.
Dann wird deutlich, daß esoterische Vorstellungen und Praktiken Wünsche zu
befriedigen versprechen, die im Reiche der Märchen und Träume ihren Ort haben.
Zugleich wird einsichtig, daß esoterischen Vorstellungen unerfüllte und vor allem
unerfüllbare Wünsche zugrunde liegen. Die Konsumenten von Märchen, sei es als
Buchlektüre oder im Film, räumen diesen allerdings keinen Platz im realen Leben
ein.
In manchen esoterischen Therapien werden Engel wie Teufel als Projektionsbilder
der eigenen psychischen Strebungen verwendet. Dies gilt besonders für alle esoterischen
Therapieverfahren, die sich an den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875
bis 1961) anlehnen. C. G. Jung hat sich selber viel mit Okkultismus beschäftigt und
in seinen Therapien und Theorien auch mit okkulten Vorstellungen experimentiert.
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