Konfliktfeld Schule und Freizeit

12. Februar 2011
In den Schulen und im Freizeitbereich von Jugendgruppen begegnen wir in der
Regel nur Formen des jugendzentristischen Satanismus und satanistischem Gedankengut
aus dem Black Metal-Bereich. Wiewohl nicht auszuschließen ist, das Jugendliche
und junge Erwachsene nicht auch in fest strukturierten und ritualepraktizierenden
Organisationen involviert sind. Wir müssen davon ausgehen, daß die Schulen
einen Ort bieten, z.B. in den Klassenverbänden oder während der Pausen, satanistisches
Gedankengut, Informationen, wo etwas stattfindet, weiterzugeben. Unter
anderem sind in diesem Rahmen erste Anwerbeversuche durchaus gängig. Als
beliebte Rekrutierungsorte für neue Anhänger bieten sich für Satanisten Szenekneipen
und Diskotheken im Dark-Wave-Bereich an. Richtigerweise spekuliert man von
satanistischer Seite darauf, daß sich an diesen Orten überwiegend Jugendliche aufhalten,
die sich für die „schwarze Seite des Lebens“, für Esoterik und Okkultismus
interessieren und die einem magischen Weltbild gegenüber aufgeschlossen sind.
Welcher Typ Jugendlicher könnte für den Satanismus anfällig sein? Die ehemalige
US-amerikanische Elterninitiative CAN (Cult Awaraeness Network) nennt als Eigenschaften
für den gefährdeten Typ: Intelligent, kreativ, überwiegend männlichen
Geschlechts, geringes Selbstbewußtsein, Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen,
Verlierertypen, religionsentfremdet. Als weitere Anzeichen werden hervorgehoben:
Unterlegenheitsgefühle (Minderwertigkeitskomplexe), Kontrollverlust und
Schwierigkeiten in der Verarbeitung von Angst- und Schuldgefühlen.67
Weitere Indizien der Verwicklung seien nach CAN:
• Völlige Abhängigkeit von Fantasy-Spielen mit okkulten oder satanistischen Inhalten;
• Völlige Abhängigkeit von Black Metal-Musik;
• Besitz und Lesen von Magie-, Hexen- und satanistischer Literatur („Satanic Bible“)
sowie Zauberbücher („Book of Shadow’s“, „6. Buch Mose“);
• Besitz von Ritualgegenständen: In Menschengestalt geformte Kerzen, magischgestilten
Leuchtern, Räucherwerk, Ritualdolche, Pentagrammen oder einem umgedrehten
Kreuz etc.;
• Gebrauch der Zahl 666;
• Tragen von Amuletten und Talismanen;
• Ritueller Drogengebrauch, wobei der Gebrauch oft durch Räucherwerk überdeckt
wird;
• Unerklärliche Ängste und wahnhafte Furchtzustände;
• Extreme Geheimniskrämerei, bei der bestimmte Dinge verborgen und verheimlicht
werden, die irgendwie auf die Beziehung zu den Ritualen oder Gruppen hinweisen
könnten;
104 Satanismus
67 Zitiert bei Fr.-Wilh. Haack, a.a.O.
• Die Angst über die eigene Involvierung zu sprechen, weil z.B. geglaubt wird, die
‚anderen‘ (der Gruppe) könnten dies auf magische Weise erfahren und sich
rächen.68
Kennzeichen einer ernsthaften Involvierung ist das auch bei Krisen angstvolle Einhalten
der Arkandisziplin. Es kommt kaum ein vernünftiges Gespräch zustande.
Selbst ein harmloses „Informationseinholen“ wird ängstlich oder hysterisch abgewiesen.
Das hängt entscheidend mit sieben Faktoren zusammen.
1. Furcht
Rituell praktizierende, mißbrauchte und geschädigte Kinder, Jugendliche und
Erwachsene werden von tiefer Angst überwältigt. Sie sind hyperwachsam und
haben das Gefühl, ständig beobachtet zu werden.69
2. Schuldgefühle und Angst vor der Entdeckung
Den Involvierten wird ganz schnell anerzogen, was sie von der Außenwelt und von
der Gruppe selber zu befürchten haben, wenn sie sich als „Satansjünger“ outen. Das
„Einimpfen“ von Schuldgefühlen bei „Verrat“ gehört zu den gängigen Techniken.
3. Einsamkeit
Sie haben das Gefühl, daß auf keine Person Verlaß ist. Zu große Enttäuschungen
produzierte die Gruppe in ihrer Erlebniswelt. Eltern zum Beispiel unterzogen ihre
Kinder mit rituellen „Gewaltpraktiken“.
4. Identifizierung mit der Gruppe und ein Gefühl persönlicher Schlechtigkeit
Rituell praktizierende, mißbrauchte und geschädigte Kinder, Jugendliche und
Erwachsene tendieren dazu, sich mit dem Bösen, das die Sekte durchführt, zu identifizieren.
Dieses Gefühl, „zu den schlechten Leuten zu gehören“ führt oft zu Zwängen,
sich in physisch und sexuell aggressiver Weise zu verhalten.70
5. Wut darüber, Opfer geworden zu sein
Kann dazu führen, daß sich Involvierte in verhaltensauffälliger Weise seiner Umwelt
nähert. Die Äußerungsformen reichen von Verbalattacken bis Aggressionsausbrüchen.
6. Verlust des Selbstwertgefühls
7. Das Fehlen des freien Willens
Als Ergebnis von Techniken, wie „magischer Chirurgie“, der Wahrnehmung, daß
beherrschende böse Geister vorhanden sind und daß die Anführer in der Lage sind,
alle Schritte des Involvierten zu kontrollieren. Die Involvierten bekommen das
Gefühl, es gebe keine Wahl als zu gehorchen, und leiden weiter unter Schuld- und
Schamgefühlen.71
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68 A.a.O., Fr.-Wilh. Haack.
69 Sh. .Ritual Abuse. . Report of the Ritual Abuse, Task Force, Los Angeles County Commission for
Woman.
70 A.a.O., Ritual Abuse.
71 A.a.O., Ritual Abuse.
Bei einer Thematisierung von „Satanismus“ halten sich die Mitglieder solcher Gruppen
auffallend zurück. Falls eine Verhaltensauffälligkeit bei Schülern auf eine solche
Verbindung hinweist, sollten Pädagogen das Gespräch nur an einem „geschützten
Ort“, der von anderen Schülern nicht frequentierbar ist, mit dem Betroffenen führen.
Das ist insofern wichtig, damit ein angstfreies Gespräch, ohne das Gefühl der Beobachtung
von vielleicht anderen involvierten Schülern, möglich ist. Sollten Schüler
sich in selbstdarstellerischer Art und Weise im „Unterrichtsgespräch“ damit hervortun,
daß sie „Mitglieder in einem Satanszirkel“ sind, ist die Vermutung einer Involvierung
im „jugendzentristischen-Rituale-praktizieren“ angebracht.
Auch ist nicht davon auszugehen, daß „Satanisten“ immer an Äußerlichkeiten zu
erkennen wären. So sind schwarze Kleidung und weiß getünchte Gesichter noch
lange kein Ausweis einer Satanismusinvolvierung, sondern bestenfalls können wir
diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen dem „Grufti-Umfeld“, die oft nichts
oder nur wenig mit dem Satanismus zu gemein haben, zurechnen. Diesbezüglich
werden irrtümlich oder unsachlich „Gothics“, die dem Tod und Sterben eine ästhetische
Komponente abgewinnen wollen, mit Satanisten in einen Topf geworfen.
Auch T-Shirts mit Satanssymbolen (z.B. der Gruppe „Bad Religion“ oder anderer
Metal-Bands), Anhänger oder Ohrstecker machen noch nicht den „Satansanhänger“
aus. Meistens sind das nur Zeichen eines Aufbegehrens gegen das Establishment. Es
gibt aber durchaus äußere Zeichen, die auf eine Satanismuszugehörigkeit schließen
lassen. Allerdings bleiben diese oft an unzugänglichen, äußerlich unsehbaren Stellen
des Körpers, Außenstehenden verborgen (z.B. tätowierte Schlange auf dem Penis
oder Tätowierungen im Achsel- und Schambereich).
Eine andere Auffälligkeit ist die augenscheinliche Wesensveränderung von satanismusinvolvierten
Personen. Das Verhalten ändert sich diametral zum bisherigen.
Freundliche und aufgeschlossene Personen bekommen einen düsteren, depressiven
und manchmal auch einen brutalen Zug. Auch verändert sich ihr Welt und Menschenbild.
Verherrlichung oder Verharmlosung von Kriegen, Grausamkeiten, Neigung
zur „Herrenmenschenideologie“, blasphemische Äußerungen zum christlichen
Glauben, zur Kirche etc. prägen ihre Aussagen. Krisenhafte psychotische Ausfallserscheinungen
von Mädchen und jungen Frauen können auf einen rituellen
Mißbrauch (Vergewaltigung o. ä.) hinweisen. In diesem Fall ist die sofortige Inanspruchnahme
eines Psychologen oder Psychotherapeuten ratsam.
106 Satanismus
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(Hg.): Neue religiöse und ideologische Gemeinschaften. Forschungsprojekte und
Gutachten der Enquete-Kommission „Sog. Sekten und Psychogruppen“, Hamm
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Hrsg. von der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften
(GWUP) Arheiliger Weg 11, 64380 Roßdorf, www.skeptiker.org
Darin finden sich zu allen okkulten Praktiken und Vorstellungen Untersuchungen.
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Ausgewählte kritische Literatur zum Okkultismus 107
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