Tonbandstimmen und Channeling

12. Februar 2011
Nach der Einführung von Radiosendungen versuchten Menschen, auch diese Erfindung
als Mittel einzusetzen, um einen Kontakt zu den Verstorbenen herzustellen.
Die Geräusche, die je nach Wetterlage, besonders bei Gewitter auf den Frequenzen
zwischen den Sendern anzutreffen sind, werden als Mitteilungen der Toten gedeutet.
Zunächst wird eine entsprechende Frequenz aufgesucht und die Geräusche auf
Tonband aufgenommen. Danach wird das Tonband sorgfältig mehrfach abgehört
und versucht, aus den Geräuschen verständliche Worte und Sätze herauszuhören.
Die „Tonbandstimmenforschung“ (auch als Verein eingetragen) schließt an den
okkulten Spiritismus an, der mit verschiedensten Methoden (z.B. Klopfgeräuschen)
Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen will. Aufgrund der Weiterentwicklung im
elektronischen Bereich werden heute auch alle anderen elektrischen Geräte (Fernseher,
PC etc.) eingesetzt, um einen Kontakt mit den Toten herzustellen. Diese Verfahren
werden von ihren Anhängern auch als „Instrumentelle Transkommunikation“
bezeichnet.
Im Rahmen des New Age hat sich eine weitere Form, mit Verstorbenen, Geistern,
kosmischen und intergalaktischen Bewußtheiten und gelegentlich auch Göttern
Kontakt aufzunehmen, entwickelt: das Channeling – Kanalsein für diese Wesen.
Zweck dieses Verfahrens ist es, durch den Kontakt mit den Geistern etc. Informationen
über die Vergangenheit und Zukunft, bisweilen auch zu verborgenen Erkennt-
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nissen zu erhalten und für die „Medien“, auch viel Geld damit zu verdienen. „Sensitiv
begabte Medien“ behaupten, Kanal für einen Geist zu sein und auch für andere
Kontakt zu diesem Geist herstellen zu können.
Im Unterschied zum Spiritismus des 19. Jh. wird allerdings selten ein Kontakt zu
verstorbenen Verwandten versprochen, als vielmehr zu allen Geistern, Engeln und
anderen Personifikationen von „Bewußtheiten“ hergestellt. Dies führt sogar zu
gerichtlichen Auseinandersetzungen. Vor Gericht streiten sich einzelne Medien, wer
von ihnen die „Kontaktperson“ sei. So z.B. des „angeblich 35.000 Jahre alten Geistes
Ramtha“ und ein Gericht in Linz hat diese Klage nicht nur angenommen, sondern
unter Berufung auf das Urheberrecht tatsächlich entschieden, daß nur eine der beiden
Medien mit „Ramtha parapsychologischen Kontakt“ habe. Dem anderen
Medium waren Schadenersatzklagen in Millionenhöhe angedroht.7
Für die Befragung von Toten, Göttern und Geistern können religionsgeschichtliche
Vorbilder angeführt werden. Im Alten Testament findet sich der Bericht von Saul, der
von dem Seher und Priester Samuel zum ersten König des alten Israel erkoren worden
war. Als Saul in Bedrängnis mit den Philistern nicht mehr weiter wußte, ließ er
eine Wahrsagerin die Seele des toten Samuel beschwören. Dies mußte freilich bei
Nacht, verkleidet und im Geheimen geschehen, denn Saul hatte einem göttlichen
Gebot folgend die Wahrsager und Zeichendeuter vertrieben (1. Samuel 28). Auch bei
den antiken Griechen wurde den Toten eine Kenntnis des Vergangenen und Zukünftigen
zugeschrieben. Ein Bericht über eine Totenbefragung findet sich in der Odyssee
(11. Gesang, Nekya). Der auf dem Meere herumgetriebene Odysseus fährt an
eine der Pforten des Totenreiches, opfert dort und gibt den Schatten der Toten vom
Opferblut zu trinken. Von der Seele des toten Sehers Tiresias erhält er Auskunft über
Heimkehr und über die Versöhnung mit seinem göttlichen Widersacher Poseidon.
Aus den meisten Religionen sind Verfahren bekannt, um von den Göttern und Geistern
eine Auskunft zu einem geplanten Vorhaben und vor allem schwierigen Entscheidungsfragen
zu erhalten (Orakel und Divinationen). In den monotheistischen
Religionen8 wurden diese Orakelverfahren verworfen, in anderen Religionen sind
private und individuelle Orakelbefragungen häufig strengen Einschränkungen
unterzogen. Doch ist das Bedürfnis der Menschen nach einer von höheren Mächten
legitimierten Entscheidung oder Hilfe offensichtlich so groß, daß sich Orakel und
Divination in allen Kulturen und Religionen finden. Neu freilich ist im modernen
Okkultismus, daß solche Befragungen wie beim Channeling auch für Unterhaltungszwecke
eingesetzt werden.
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